von Gurbet Hoffmann
7Schatzhäuser und ein 150 jähriges Jubiläum
Anläßlich seines 150 jährigen Jubiläums zeigt das Berliner Kunstgewerbemuseum verschiedene Ausstellungen, die die Anfänge des Museums thematisieren. Die am 11.1.2018 eröffnete Austtellung: Schatzhäuser.150 Jahre Kunstgewerbemuseum Berlin, die bis zum 29.04.2018 zu sehen sein wird, skizziert in einer kleinen Ausstellung mit einigen Werken die 150 jährige Entwicklung der Sammlung an ihren insgesamt sieben verschiedenen Standorten. Parallel zur Ausstellung erschien eine von Barbara Mundt (vormalige Direktorin des KGM) erarbeitete, gut lesbare Chronik des Kunstgewerbemuseums im Böhlau Verlag. Leider endet die Chonik im Jahr 1963, als in Ost- und Westberlin die Museen wieder eröffnet werden.

Barbara Mundt: Museumsalltag vom Kaiserreich bis zur Demokratie. Chronik des Berliner Kunstgewerbemuseums. Band 5:Herausgegeben vom Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin: Schriften zur Geschichte der Berliner Museen, 786 Seiten, gebunden.
ISBN: 978-3-412-50746-6, Preis: 60 €.
Die Gründungsgeschichte

Auf der 1851 stattfindenden Weltausstellung in London wurde deutlich, wie fortschrittlich die technischen Neuerungen und Stilentwicklungen in England und Frankreich waren. Sie wurden zu Vorbildern für alle Industrienationen, natürlich auch für Deutschland. Beeindruckt von der Weltausstellung und auf Initiative der Kronprinzessin Victoria, wurde am 25.03.1867 in Berlin der Trägerverein Deutsches-Gewerbe-Museum zu Berlin konstituiert, dessen Satzung durch königlichen Erlaß am 5.08.1867 bestätigt wurde. Der damalige König Wilhelm I und spätere Kaiser(1871) hatte die ökonomische Notwendigkeit erkannt und unterstützte die Einrichtung. Auch Maximilian II König von Bayern hatte nach dem Besuch der Weltausstellung 1851 das Bayerische Nationalmuseum in München nachdem Vorbild des heutigen Victoria & Albert Museums errichten lassen. 1867 wurde es eröffnet. Neben der zunächst im Vordergrund stehenden Geschichte Bayerns und des Hauses Wittelsbach richtete man auch Separatsammlungen kunsthandwerklicher Objekte ein. Nach Materialgruppen aufgestellt, sollten auch hier wie in Berlin die Gegenstände zeitgenössischen Künstlern und Handwerkern als Anregung und Vorbild dienen. Allerdings wurden hier anders als in Berlin keine Schule und keine Bibliothek in das Museum integriert.

Ein neuer Museumstyp?
Aufgabe des Deutschen Gewerbe-Museums Berlin sollte es sein, den Gewerbetreibenden die Hülfsmittel der Kunst und Wissenschaft zugänglich zu machen. Geplant waren eine technisch-wissenschaftliche Sammlung von Proben, Produkten und Modellen sowie ein Museum für ornamentale Kunst, die beide als Vorbilder- und Mustersammlungen das Qualitätsbewusstsein und das ästhetische Empfinden im Handwerk und in der Industrie fördern und damit deren Wettbewerbsfähigkeit steigern sollten. Die Institution wurde hierfür in einer dreiteiligen Struktur organisiert: Es umfasste neben der auf Kunstgewerbe ausgerichteten Museumssammlung eine Schule für Gestaltung, sowie eine Spezialbibliothek. In dieser Dreiteilung mit kunsthandwerklichem Sammlungsschwerpunkt machte es zum ersten Museum seiner Art in Deutschland und zum dritten überhaupt nach dem 1851 gegründeten Victoria & Albert Museum in London und dem 1863 eröffneten Museum für angewandte Kunst in Wien. Diese beiden Museen haben bis heute ihre dreiteilige Struktur behalten.
Erste provisorien
Die erste ständige Ausstellung des Deutschen Gewerbe-Museums wurde im Diorama der Gebrüder Gropius , am 7.04.1868 in zwei Sälen präsentiert.
Ende 1873 wurden weitere Räumlichkeiten, der zuvor von der KPM genutzten Fabrikgebäude bezogen.

In den 1870er Jahren kam es unter der Leitung des zukunftsorientierten und vorausschauenden ersten Sammlungsleiters Julius Lessing zu einer rasanten Vermehrung der Bestände, die durch weitere Übertragungen durch den preußischen Staat und die Königliche Kunstkammer immens anwuchsen.

Der Gropius Bau
Außerdem konnte das Museum regelmäßig umfangreiche Erwerbungen auf den Weltausstellungen tätigen.
Die Sammlung des Museums hat in erster Reihe die Bestimmung, dem heimischen Kunstgewerbe Vorbilder zu geben. Zu diesem Behufe gilt es, das Vorzüglichste herbeizuschaffen, was zu irgendwelchen Zeiten, in irgendwelchen Ländern auf diesem Gebiete hervorgebracht worden ist (Julius Lessing, 1881).
Folgerichtig wurde das Museum am 27. Juni 1879 in Kunstgewerbe-Museum zu Berlin umbenannt. Das Museum sollte insbesondere als Institution des guten Geschmacks den meist aus dem Proletariat stammenden Handwerkern über technische Neuerungen informieren und ihr ästhetisches Empfinden beeinflußen.

Um die ständig anwachsende Sammlung in einem ansprechenden Rahmen präsentieren zu können, wurde die Errichtung eines eignenen Gebäudes beschloßen. 1877 entwarfen die Architekten Martin Gropius und Heino Schmieden den Gropius Bau, der in 4 Jahren Bauzeit fertiggestellt werden konnte. Im November 1881 wurde der Bau unter Beisein des Kronprinzenpaares von Julius Lessing feierlich eröffnet.
1885 erfolgte die Aufnahme in die Reihe der königlichen Museen.

Nach dem 1. Weltkrieg – Das Schlossmuseum
1918 dankte Kaiser Wilhelm II ab und ging mit seiner Familie in das niederländische Exil. Die Weimarer Republik wurde ausgerufen und die Sammlung des KGM, unter großem Protest der Denkmalschützer, in das nun freistehende Berliner Schloss verlegt, um in den historischen Räumen präsentiert zu werden.
1921 wurde dort die erste Ausstellung unter der Leitung des seit 1908 amtierenden Direktors Otto von Falke eröffnet.
Für das Kunstgewerbemuseum bedeutete der Einzug in das Berliner Schloss das weitgehende Einbüßen seiner Funktion als Vorbilder- und Mustersammlung für Handwerker und Gewerbetreibende. Als Schlossmuseum war es nun vor allem ein Kunstmuseum im bedeutendsten historischen Gebäude Berlins, das von einem breiten und zunehmend touristischen Publikum besucht wurde.
Seiner ursprünglichen Funktion beraubt wurde 1924 die Bibliothek als Staatliche Kunstbibliothek zu einer selbstständigen Abteilung der Berliner Museen und die Unterrichtsanstalt in die Hochschule der Bildenden Künste integriert.

Die Zerschlagung der Sammlung
Während des 2. Weltkriegs wurde die Sammlung des KGM in mehreren Bergungsorten gelagert, die nach Kriegsende den unterschiedlichen Siegermächten unterstellt waren. Die Trophäenkommission der Sowjetunion gab einen Großteil der beschlagnahmten KGM Sammlung 1958 der DDR wieder zurück . Die Rückgaben der Engländer und der Amerikaner erfolgte in den Westsektor der Stadt. In Ost-Berlin stand das Schloßmuseum nach seiner Sprengung 1950 als Ausstellungstätte nicht mehr zur Verfügung und die Sammlung zog nach einer provisorischen Unterbringung im Logenhaus 1963 in das Schloß Köpenick.

Die Westberliner Sammlung wurde im gleichen Jahr in dem Knobelsdorff Flügel des wieder errichteten Schloß Charlottenburg gezeigt. Nach der Wiedervereinigung wurde über eine Zusammenlegung der Sammlung in einer Spielstätte nachgedacht. Den Gropius Bau, der urprünglich für diesen Zweck gebaut worden war, wieder als neue Spielstätte zu nutzen, wurde leider nicht verwirklicht, obwohl die damalige Direktorin des KGM Barbara Mundt sich sehr dafür eingesetzt hatte. Stattdessen wurde Köpenick saniert und in einer außergewöhnlich guten Neugestaltung wiedereröffnet.

Und die Westberliner Sammlung wurde 1985 in dem von Gutbrod neu errichteten Bau am Kulturforum untergebracht. Auch dieser wurde nach einem grundlegenden Umbau vor einigen Jahren mit einer neuen Mode Abteilung wiedereröffnet. Das Kunstgewerbemuseum beherbergt eine der weltweit bedeutendsten und umfangreichsten Sammlungen. Kaum ein Thema aus der Geschichte der Gestaltung, das hier nicht dargestellt werden könnte. Stattdessen wird das 150 jährigen Jubiläum dieses urprünglich so bedeutenden Hauses nur mit zwei kleinen Ausstellungen begangen, die mit ihren nicht zeitgemäßen Represäntationen eher an 80er Jahre Ausstellungen in Naturkundemuseen erinnern. Sicherlich ist der 1985 eröffnete Gutbrod-Bau mit seinen verwinkelten Räumen eine Herausforderung für jeden Ausstellungsgestalter. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn zeitaktuelle Themen zur Gestaltung aufgegriffen und in Ausstellungen thematisiert würden. Statt sich dem Leben, den Gestaltungsproblemen und einer innovativen Vermittlung zu öffnen, blickt man in Berlin zurück und verschanzt sich hinter seinem ehrwürdigen, ehemals glanzvollen Namen.