Frank Gehry – Hans Scharoun: Strong Resonances / Zusammenklänge im Max Liebermann Haus
Ikonen der Architektur: Frank Gehry und Hans Scharoun
Nach meinem letzten Bericht über Irving Penn im c/o Berlin habe ich lange nicht mehr geschrieben, möchte aber nun über eine Architekturausstellung berichten und dann noch auf zwei weitere sehr sehenswerte Ausstellungen im Bröhan-Museum aufmerksam machen, George Grosz in Berlin und Simply Danish. Silberschmuck des 20. Jahrhundert.
Die Stiftung Brandenburger Tor, Kulturstiftung der Sparkasse im Max Liebermann Haus in Berlin, zeigt anlässlich der 50 jährigen Städtepartner-schaft Berlins und Los Angeles eine Ausstellung über die Stararchitekten Frank Gehry und Hans Sharoun. Die Ausstellung wurde vor einem Jahr in Zusammenarbeit mit dem Getty Research Institute realisiert und stellt zwei der bekanntesten Gebäude, die Berliner Philharmonie und die Walt Disney Concert Hall, einander gegenüber und untersucht deren Auswirkungen auf die Stadtentwicklung.


Parallelen, die über Stil und Funktion der beiden Gebäude hinausgehen, werden herausgestellt. Dass der expressionistische Ansatz der Berliner Philharmonie von Hans Scharoun Frank Gehry bei der 40 Jahre später entstandenen Walt Disney Concert Hall in Los Angeles in seiner dekonstruktivistischen Formensprache inspiriert hat, ist eine der Kernthesen der Ausstellung. Darüber hinaus folgt die Ausstellung Gehrys architektonischen Spuren in Berlin, wie dem Wettbewerbsbeitrag für die Museumsinsel, der DZ-Bank in unmittelbarer Nähe der Stiftung Brandenburger Tor und dem letztes Jahr eröffneten Pierre-Boulez-Saal.
„In beiden Architekten sehen wir ein tiefes Verständnis und Wertschätzung für den Platz eines Gebäudes in der Landschaft und den Platz in der Kultur.“
Zwei Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer schuf Scharoun 1963 im Berliner Niemandsland ein Konzerthaus für die Berliner im Westteil der Stadt. Scharoun stellte sich das Innere des Konzertsaals folgendermaßen vor: „Mit dem Auditorium als einem Tal und dort unten ist das Orchester, umgeben von einem weitläufigen Weinberg, der die Seiten seiner benachbarten Hügel erklimmt.“

Die Philharmonie wurde zu einem Wahrzeichen und Symbol für Kreativität und Standhaftigkeit der eingeschlossenen Stadt und zu einem Prototyp eines völlig neuartigen Konzertsaals. Sie entfaltet sowohl im Inneren als auch nach außen eine besondere Wirkung und prägt das Stadtbild durch seine außergewöhnliche Erscheinung bis heute.


Die Kuratorinnen Maristella Casciato und Emily Pugh des Getty Research Institute in Los Angeles sehen in beiden Architekten ein tiefes Verständnis und eine Wertschätzung für den Platz eines Gebäudes in der Landschaft und den Platz in der Kultur. Frank Gehrys Walt Disney Concert Hall in Los Angeles wurde wie Sharouns Berliner Philharmonie zu einem wegweisen-den Denkmal für die Neugestaltung von Downtown Los Angeles.
Highlights der Schau
Selten gezeigte Zeichnungen / Aquarelle
Die Stiftung Brandenburger Tor zeigt in Kooperation mit dem Getty Research Intstitute Los Angeles im Zentrum dieser Ausstellung das baukünstlerische Schaffen beider Architekten und macht auf Parallelen in den Ideen und Arbeisprozessen aufmerksam. Im ersten Teil der Ausstellung werden beide Konzerthallen gegenübergestellt. Selten gezeigte Skizzen und Modelle von Frank Gehry und Aquarelle mit Architekturfantasien von Hans Scharoun aus dem Baukunstarchiv der Berliner Akademie der Künste zeigen eine ähnliche Herangehensweise beider Architekten.

Architekturphantasie: Gebäude in gerundeten Formen mit Glasfassaden, 1939-1945, Bleistift, schwarzer Stift und Aquarell auf Zeichenpapier, 25 x 30,8 cm, Akademie der Künste, Berlin, HansScharoun Archiv, Nr. 2537

3D-Rekonstruktion eines Modells der Berliner Philharmonie
In Zusammenarbeit mit dem Frauenhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IDG haben die Kuratoren ein erstmals hier gezeigtes 3DModell der Berliner Philharmonie verwirklichen können. Dafür wurde der komplette Innenraum der Philharmonie eingescannt und das Modell als 3D-Druck reproduziert. Ansonsten hätten die beiden Modelle einander nicht gegenüber gestellt werden können, da die von Hans Sharoun meist Hand gefertigten Modelle verschwunden oder zerstört worden sind. „Nur mit einem Modell können Besucher die besondere Architektur wirklich sehen, verstehen und analysieren. Die Komplexität der Berliner Phil-harmonie kann nur durch Fotos, Pläne oder Zeichnungen unmöglich erfasst werden.“ So Emily Pugh die zuständige Kuratorin der Ausstellung.
Architektonische Spuren Gehrys in Berlin


Modell des Pierre Boulez Saals,2014,
© Stiftung Brandenburger Tor,
Foto: Frank Sperling

© Stiftung Brandenburger Tor,
Foto: Frank Sperling
Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich den architektonischen Spuren Gehrys in Berlin, der nicht realisierten Planung für die Museumsinsel und den Gebäuden der DZ Bank und des Pierre-Boulez-Saals.

Phase I, finales Wettbewerbsmodell, 1994,
Linde, Vinyl, Plastik, 231,14 × 120,65 ×30,48 cm,© Stiftung Brandenburger Tor,
Foto: Frank Sperling
Das nicht realisierte Modell Gehrys zur Museumsinsel zeigt, wie sich die Insel hätte präsentieren können. Gehry plante ein Gesamtkonzept, dass die Häuser der Insel miteinander verbinden sollte. Das Neue Museum sollte als Depot und Ort für die Vermittlung dienen. Im Kubus wäre ein neuer Ausstellungsraum geplant gewesen. Der Eingang sollte von der Grabenseite aus zu den Museen führen. Dies hätte eine Öffnung der Museen zur Universität ermöglicht und diesen Teil der Stadt urbanistisch belebt. Allerdings hätte das Neue Museum bei dieser Planung seine Funktion eingebüßt. Die Ausstellung lädt hier zum Nachdenken über das Für und Wieder dieser Ideen ein. Man kann sich überlegen wie sich der Stadtraum mit Gehrys Lösung entwickelt hätte.
Die DZ-Bank / „Es ist die beste Form, die ich in meinem ganzen bisherigen Leben entworfen habe.“ F. Gehry
Das Gebäude der DZ Bank befindet sich in der unmittelbaren Nähe der Stiftung Brandenburger Tor, am Pariser Platz 3. Das Gebäude besticht durch seine Haus im Haus Konstruktion, eine von Frank Gehry gerne verwendete Idee.


Eine geometrisch streng gegliederte Außenfassade zum Platz mit Berliner Traufkante und dem vorgeschriebenen Verhältnis von Stein zu Glas lässt kaum erahnen, dass es im Inneren ein organisches Gebäude beherbergt, das von Betrachtern mal als Uterus, Darth Wader oder Pferdekopf bezeichnet wurde.

Dieses hoch komplexe, bis ins kleinste Detail perfekt durchdachte, amorphe Gebäude wird als Auditorium genutzt und kann von verschiedenen Veranstaltern gemietet werden. Es beherbergt bis zu 100 Sitze und ist technisch auf dem höchsten Stand. Frank Gehry sagte von dem Auditorium: „Es ist die beste Form, die ich in meinem ganzen bisherigen Leben entworfen habe.“


Ein Blick in das Innere der Bank ist während der Öffnungszeiten jederzeit möglich; das Auditorium ist jedoch erst nach einer Terminvereinbarung zu besichtigen.
Der Pierre Boulez Saal


Fotografie, © J. PaulGetty Trust

Ein weiterer Meilenstein von Gehrys Architektur in Berlin ist der Pierre Boulez Saal und die Barenboim Said Academy im ehemaligen Depot der Staatsoper. Die Skizzen von Gehry verdeutlichen, dass ursprünglich ein Kreis im inneren des Kubus geplant war, der schließlich auf Drängen Daniel Barenboims zu einem Oval wurde. Bei diesem Bau verzichtete Gehry, der Barenboims Vorhaben sehr schätzte, auf seine Gage und entwickelte ein kostengünstiges Modell. Der Bau konnte durch eine kluge und wirtschaft-liche Planung mit nur 32Mio € verwirklicht werden. Er beherbergt neben dem Konzertsaal mit 600 Plätzen auch die Ausbildungsstätte für zukünftige Musiker.

Eine Besonderheit des Konzertsaals ist der durchgehende Fußboden, der die ungehinderte Ausbreitung der Schallschwingung ermöglicht. Die ursprüngliche Außenfassade mit den vielen Fenstern wurde erhalten und lässt Tagsüber viel Licht in den Raum. Um eine optimale Beschallung zu gewährleisten, wurden die Fenster mit schräg gestellten Schallfenstern verblendet. Die Empore, eine architektonische Meisterleistung in der Form eines ovalen Rings, ist nur an wenigen Aufhängepunkten im Raum fixiert, und scheint in sich geschwungen frei im Raum zu schweben. Dies ist am besten in dem obersten Rang erlebbar. Im Raum herrscht auf allen Rängen gleichermaßen eine optimale Akustik und Sicht der Besucher auf die Musiker.

Eine Führung durch den Pierre Boulez Saal dauert ca. 1,5 Stunden und ich kann diese nur empfehlen.
Die Ausstellung mit vielen erstmals präsentierten Exponaten ermöglicht einen neuen Blick auf die Architekten Gehry und Scharoun und lädt zu einem neuen Diskurs ein.
Die Ausstellung Frank Gehry – Hans Scharoun: Strong Resonances / Zusammenklänge wurde am 09. November eröffnet und läuft bis zum 20. Januar 2019. Ein Umfangreiches Begleitprogramm umrahmt die sehenswerte Ausstellung.
“taut scharoun – ARBEITEN VON ALBERT WEIS“
Gerne möchte in diesem Zusammenhang auf eine weitere Ausstellung aufmersam machen, die sich mit dem Werk von Hans Scharoun beschäftigt: “taut scharoun – ARBEITEN VON ALBERT WEIS“ im Kunsthaus Dahlem . Der Berliner Künstler Albert Weis setzt sich mit den Grundformen und der Struktur der von Hans Scharoun zwischen 1960 und 1963 erbauten Philharmonie und ihrem kristallinen Formenvokabular auseinander.
Über den Prozess von Faltung und Überlagerung entwickelt sich eine komplexe Werkgruppe von Papier- und Fotoarbeiten, sowie skulpturalen Objekten.


Zentral ist die Fotoarbeit auftakt I, die sich wiederum auf die Skulptur Auftakt von Bernhard Heiliger bezieht. Bernhard Heiliger (1915-1995) wohnte und arbeitete im Dahlemer Atelierhaus, bevor es 2016 zum Kunsthaus Dahlem umgewidmet wurde. Die Skulptur wurde 1963 für die Philharmonie geschaffen und steht seitdem im Foyer des Gebäudes. Von vier im Boden installierten Scheinwerfern beleuchtet, wirft sie einen Schatten an die schräge Decke des Foyers. Auftakt I thematisiert diesen Schatten, der in überraschender Weise Scharouns erster Skizze für die Philharmonie, der sogenannten »Urskizze«, ähnelt.
Die Ausstellung “taut scharoun – ARBEITEN VON ALBERT WEIS“, ist im Kunsthaus Dahlem noch bis zum 14.Januar zu sehen.
Kunsthaus Dahlem Käuzchensteig 12, 14195 Berlin Öffnungszeiten: Mittwoch – Montag 11 – 17 Uhr
Wünsche viel Vergnügen, und einen anregenden Museumsbesuch, Gurbet!